Besondere medizinische Behandlungsverfahren

In der Neurochirurgie gibt es einige besondere medizinische Behandlungsverfahren, die wir Ihnen hier etwas genauer vorstellen:

Die Mikrochirurgie ermöglicht dreidimensional räumlich sehendes, beidhändiges Arbeiten bei bis zu 40-facher Vergrößerung, so dass auch die feinsten und empfindlichsten Strukturen am Gehirn sehr schonend operiert werden können. Dies ermöglicht Operationen an Hirngefäßen, die bis zu unter einem Millimeter klein sind. Außerdem gelingt es mit langen Instrumenten durch enge anatomisch vorgegebene Spalträume tief in das Gehirn einzudringen, ohne Hirngewebe zu schädigen. Dabei ist das Mikroskop weit mehr als nur eine Sehhilfe. Es ermöglicht es der/dem erfahrenen Mikrochirurg:in, sich in diesem „Mikrokosmos“ mit natürlicher Selbstverständlichkeit zu bewegen und mit sehr kleinen, wenig ausladenden, der Mikrowelt perfekt angepassten Bewegungen zu arbeiten und so alle Handgriffe und Operationsschritte perfekt in den Mikromodus zu übersetzen. 

Dies zeigt, dass die Technik der Mikrochirurgie besonders schonend ist. Die Mikrochirurgie wird in der Neurochirurgie bei praktisch allen Operationen des Gehirns und der Wirbelsäule (Bandscheibenoperationen und andere) eingesetzt, was die Sicherheit für die Patient:innen entscheidend erhöht.

  • Fluoreszenzgestützte Mikrochirurgische Operationen
    Hierbei handelt es sich um eine Ergänzung der Mikrochirurgie, für die eine besondere apparative Ausstattung und eine besondere Expertise erforderlich sind, die unser Team der Klinik für Neurologie am Klinikum Frankfurt Höchst besitzt.

    Das Verfahren ermöglicht die intraoperative Sichtbarmachung eines Tumors im Fluoreszenzlicht. Der Tumor wird durch einen Fluoreszenzfarbstoff angefärbt, den die/der Patient:in etwa drei bis vier Stunden vor der Operation in Form einer Tablette zu sich nimmt. Das Verfahren ist für bösartige Hirntumoren, insbesondere Glioblastome und maligne Astrozytome geeignet. Gerade bei diesen Tumoren kommt es auf die möglichst komplette und gleichzeitig schonende Entfernung an, da diese den größten positiven Einfluss auf die Länge der Überlebenszeit der Patient:innen haben. Man kann also nicht einfach „radikal“ (vollständige Entfernung) operieren, indem man zum eigentlichen Tumor noch ein, zwei oder sogar mehrere Zentimeter Gewebe als Sicherheitsabstand mit wegnimmt, wie es bei anderen Organsystemen oft möglich ist. Beim Hirngewebe ist jeder Zentimeter wichtig, da es sonst zu Ausfällen der Gehirnleistung bei den Patient:innen kommen würde.

    Durch die sogenannte ALA-Methode kann man sowohl komplett als auch schonend operieren, weil man im kritischen Grenzgebiet nur den sicher angefärbten fluoreszierenden Tumor entfernt und nicht das umliegende gesunde Hirngewebe mit entfernt oder schädigt. In Kombination mit der Neuronavigation bietet dieses Verfahren den zurzeit besten Sicherheitsstandard für die Operation von bösartigen Hirntumoren.

Unsere Klinik war eine der ersten in Deutschland, die die Neuronavigation als Routineverfahren einsetzte. Das Prinzip besteht ähnlich wie bei der Navigation im Auto darin, dass von außen mit Kameras (entsprechend den Satelliten beim Auto) die Instrumente des Operateurs überwacht werden. Die Landkarte der Neuronavigation sind die Daten der Kernspintomographie (MRT) oder Computertomographie (CT). Bei manchen Patient:innen werden beide Diagnostikverfahren eingelesen und softwaremäßig fusioniert, was oft noch differenziertere Darstellungsmöglichkeiten bietet.

Technisch funktioniert es so: Nach der Lagerung der/des Patient:in mit besonderer Berücksichtigung seines Kopfes, werden die Daten so abgeglichen, dass die „Workstation“ im OP in Zusammenarbeit mit den Spezialkameras genau weiß, wo im Raum welcher anatomische Teil des Kopfes der/des Patient:in ist. Dieser Abgleich erfolgt dadurch, dass der Kopf der/des Patient:in mit einem für die Kameras sichtbaren reflektierenden Stift abgetastet wird. Anhand von markanten Punkten oder aufgeklebten Markern erkennt die Workstation den Kopf gleichsam wieder und weiß, in welcher Position er gelagert ist. Damit weiß die Workstation auf den Millimeter genau, an welchem Punkt sich welcher Teil des Gehirns befindet. Während der Operation kann die/der Operateur:in mit entsprechenden reflektierenden Instrumenten die Position im Gehirn, wie auf einer Landkarte, auf dem Monitor sehen. Eine dreidimensionale Aufbereitung der Daten erlaubt es der/dem erfahrenen Neurochirurg:in, auch anatomisch sehr schwierige Krankheitsherde schonend auf den anatomisch am besten geeigneten Zugangswegen aufzusuchen. 

Die Methode erlaubt es, Schädelöffnungen gering zu halten. Tumorabsiedlungen (Metastasen, Hirnmetastasen) von Tumorerkrankungen anderer Organe können in den meisten Fällen durch eine auf zwölf Millimeter begrenzte Schädelöffnung operiert werden.    

Die Neuromodulation ist ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung schwerer chronischer Schmerzen und Durchblutungsstörungen. Dabei erfolgt eine Beeinflussung der Weitergabe von Nervenimpulsen durch elektrische Impulse oder durch lokal im Wirbelkanal gegebene Medikamente.

  • Epidurale Rückenmarksstimulation
    Bei der Rückenmarksstimulation geben feine Elektroden, die in die Nähe des Rückenmarks platziert wurden, schwache elektrische Impulse auf die umliegenden nervalen Strukturen ab. Dadurch wird die Schmerzweiterleitung verändert und führt zur Verminderung von Schmerzen. Teils wird der Schmerz durch ein angenehmes Kribbeln ersetzt, teils verschwindet sowohl der Schmerz als auch das Kribbeln.

    Folgende Schmerzzustände können durch solch eine Behandlung verbessert werden:
     
    • Chronischer Rücken-/Beinschmerz
    • Komplexe regionale Schmerzsyndrome (z.B. Morbus Sudeck)
    • Phantomschmerzen
    • Erkrankungen peripherer Nerven (Polyneuropathie)
    • Schmerzen nach Gürtelrose (Viruserkrankung)
  • Lokale Gabe von Medikamenten
    Bei der lokalen Medikamentengabe wird zunächst ein feiner Katheter rückenmarksnah gesetzt und die Wirkung des Medikaments getestet. Bei Erfolg der Testphase wird dann eine kleine Pumpe in das Unterhautfettgewebe im Bereich des Bauchraumes implantiert, die das Medikament kontinuierlich freigibt. Sollte das Medikament verbraucht sein, kann die Pumpe über ein Reservoir problemlos wieder gefüllt werden. Der entscheidende Vorteil der rückenmarksnahen Medikamentengabe liegt in der Verringerung der medikamentösen Nebenwirkungen gegenüber einer oralen Einnahme (über den Mund) bei bis zu hundertfach höherer Wirkstärke. In aller Regel handelt es sich bei den verwendeten Medikamenten um Schmerzmedikamente. Aber auch andere Medikamente (z.B. zur Spastiktherapie) können eingesetzt werden.